Fast jede Kündigung eines Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber braucht einen Kündigungsgrund. Liegt dieser nicht vor, ist die Kündigung unwirksam. Was viele nicht wissen: Die Kündigung kann aber schon aus formellen Gründen unwirksam sein. Auf das Vorliegen eines Kündigungsgrundes kommt es dann nicht mehr an. Welches die häufigsten formellen Fehler sind, und wie sie diese vermeiden, wird im Folgenden dargestellt:
1. Schriftform der Kündigung gewahrt
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses hat sowohl durch Arbeitgeber, als auch durch den Arbeitnehmer immerschriftlichzu erfolgen, so sieht es das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in § 123
vor. Schriftlich bedeutet, die Kündigung muss hand- oder maschinenschriflichabgefasst sein.Nicht ausreichendsind damit eine mündliche Kündigung, oder eine Kündigung per E-Mail, SMS, Whatsapp oder Telefax.
Darüber hinaus ist eine Kündigung nur gültig, wenn sie miteigenständiger Namensunterschriftversehen ist. Die Unterschrift muss nicht lesbar, aber zu erkennen sein. Eine Unterschrift mittels Schreibmaschine, Stempel oder eine eingescannte Unterschrift sind ebenso wenig ausreichend, wie ein Handzeichen (Paraphe) oder ein Namenskürzel.
Tipp:
Wird die Schriftform nicht eingehalten, muss nicht innerhalb eine Frist von drei Wochen Klage erhoben werden.
Als Arbeitnehmer sollten Sie sich aber von Ihrem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist die Unwirksamkeit der Kündigung wegen Formmangels bestätigen lassen- bestenfalls schriftlich.
Als Arbeitgeber sollten Sie die Kündigung unverzüglich schriftlich wiederholen um die Kündigungsfristen und ggf. die Kündigungserklärungsfrist einzuhalten.
2. Missverständliche Bezeichnung
Eine Kündigung mussnicht ausdrücklich
als solche bezeichnet werden. Es muss aber ohne Zweifel erkennbar sein, dass das Arbeitsverhältniseinseitig für die Zukunft beendet werden soll. Wird dies nicht deutlich, besteht das Arbeitsverhältnis fort, die „Kündigung“ hat dann keine Wirkungen. Als nicht ausreichend wurde von der Rechsprechung beispielsweise eine Bestätigung des Arbeitgebers einer zuvor mündlich erklärten Kündigung erachtet.
Tipp:
Als Arbeitnehmer sollten Sie auch in Zweifelsfällen vorsorglich
innerhalb der gesetzlichen 3-Wochen-Frist Kündigungsschutzklage erheben
oder sich in jedem Fall rechtlichen Rat einholen.
Als Arbeitgeber sollten Sie die beabsichtigte Kündigung auf dem Briefkopf des Unternehmens mit dem Betreff „Kündigung“ schreiben und die Formulierung „hiermit Kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis…“ wählen
3. Besonderheit: Nichtangabe von Kündigungsgründen
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber in dem Kündigungsschreiben dieGründe für eine Kündigung nicht angeben.
Etwas anderes gilt nur fürAuszubildenden nach der Probezeit(§ 22 Abs. 3 BBiG) und bei der Kündigung vonschwangeren Arbeitnehmerinnen(§ 17 Abs. 2 S. 2 MuSchG). Beiden sindin dem Kündigungsschreiben schriftlich die Kündigungsgründe mitzuteilen. Werden die Gründe nur mündlich oder gar nicht mitgeteilt, ist die Kündigungunwirksam.
In allen übrigen Fällen besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Mitteilung der Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben.Erst nach Ausspruch der Kündigungmuss der Arbeitgeber die Kündigungsgründe auf Verlangen des Arbeitnehmers darlegen.
Tipp:
Für Arbeitnehmer: zur Vorbereitung eines Kündigungsschutzprozesses kann es sinnvoll sein, vom Arbeitgeber die Mitteilung der Gründe für die Kündigung zu verlangen
Für Arbeitgeber:
Arbeitgeber sollten die Kündigungsgründe nicht mitteilen, soweit keiner der oben genannten Sonderfälle betroffen ist.
4. Keine Kündigungsberechtigung
Die Kündigung muss von demjenigen ausgesprochen werden,der zur Kündigung berechtigtist. Grundsätzlich ist das nur der jeweilige Vertragspartner, alsoArbeitgeberundArbeitnehmer.
Vertretungsbefugtsind für den Arbeitgeber Geschäftsführer, Prokurist, Vorstand, Komplementär einer KG oder der Gesellschafter einer OHG oder GbR. Maßgeblich ist insoweit, was imHandelsregisterdokumentiert ist.
Spricht eine andere Person die Kündigung aus muss dieser zur Kündigungserklärungbevollmächtigt
sein. Ist dem Arbeitnehmer die Bevollmächtigung zur Kündigung nicht bekannt, muss eine schriftliche Kündigungsvollmachtder Kündigungserklärung im Original beigefügt werden. Bei Vorgesetzten, wie Betriebs- oder Personalleiter, gilt die Bevollmächtigung zur Kündigung zumeist als bekannt, eine Vollmacht muss hier nicht vorgelegt werden.
Liegt diese Vollmacht in den anderen Fällen nicht bei, kann der Arbeitnehmer unverzüglich,spätestens innerhalb von einer Wochedie Kündigungzurückweisen
(§ 174 BGB). Die Kündigung wird dann unwirksam und muss erneut ausgesprochen werden.
Tipp:
Ist die Vertretungsbefugnis nicht bekannt, sollte die Kündigungunverzüglich zurückgewiesenwerden. In Zweifelsfällen sollte zuvor Rechtsrat eingeholt werden.
5. Beteiligung des Betriebsrates
Hat das Unternehmen einen Betriebsrat, muss dieser vor jeder Kündigung angehört werden § 102 BetrVG. Es ist dabei unerheblich, ob es sich um eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung handelt. Hier gelten lediglich unterschiedliche Fristen: bei einer ordentlichen Kündigung hat der Betriebsrat eine Woche Zeit zu widersprechen, bei einer außerordentlichen Kündigung sind es nur drei Tage.
Einefehlerhafte oder unterlassene Betriebsratsanhörungmacht die Kündigung unwirksam. Die Kündigung kann allerdings unter Umständen nach einer ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats wiederholt werden.
Achtung:
Hat der Betriebsrat der Kündigung widersprochen, ist die Abschrift des Widerspruchs der Kündigung beizufügen (§ 102 Abs. 4 BetrVG). Hierdurch kann der Arbeitnehmer seine Chancen im Prozess besser einschätzen.
6. Zugang der Kündigung
Eine Kündigung kannerst dann
wirksamwerden, wenn sie der anderen Seite zugegangenist. Sie muss nach der Rechtsprechung so „in den Machtbereich gelangt sein, dass unter gewöhnlichen Umständenmit der Kenntnisnahme zu rechnen ist“. Am einfachsten ist damit diepersönliche Übergabe
des Kündigungsschreibens. Wird die Kündigung nicht persönlich übergeben, reicht der Einwurf in den Briefkasten oder Postschließfach. Zugegangen ist die Kündigung dann in dem Zeitpunkt, in dem mit der nächsten Leerung zu rechnen war.
Da an den Zeitpunkt des Zugangs wichtige Fristen gekoppelt sind (Kündigungsfristen, Klagefrist für eine Kündigungsschutzklage, Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB) ist derNachweis des Zugangs sehr wichtig. In einem möglichen Prozess muss derjenige, der die Kündigung erklärt hat deren Zugang beweisen.
Tipp:
Wird die Kündigung per einfachem Brief verschickt, gibt es hinterher keinen Beleg, dass und wann das Schreiben tatsächlich angekommen ist. Problematisch kann es auch bei dem Einschreiben mit Rückschein werden- wenn der Adressat nicht angetroffen wird und die Sendung nicht abholt, ist die Kündigung nicht zugegangen.
Die Kündigung ist am sichersten persönlich zu übergeben. Dies sollte per Zeugen erfolgen und eine Empfangsbestätigung unterschrieben werden. Ist eine persönliche Übergabe nicht möglich, ist die Kündigung von einem Boten zuzustellen, der Kenntnis vom Inhalt hat und die Übergabe bzw. den Einwurf später bezeugen kann.
Achtung:
Eine Kündigung geht auch während eines bekannten Kur- oder Krankenhausaufenthalts mit Einwurf in den Hausbriefkasten zu!
Wenn in diesem Fall die 3- wöchige Kündigungsfrist verpasst wird, kann eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage beantragt werden (§ 5 KSchG). Sie müssen aber auf jeden Fall umgehend tätig werden!!
Achtung:
Werabsichtlich den Zugang einer Kündigung verhindert(sogenannte Zugangsvereitelung) wird so behandelt, als wäre die Kündigung zugegangen (z.B. Arbeitnehmer rechnet konkret mit einer Kündigung und holt ein bei der Post niedergelegtes Einschreiben nicht ab).
7. Nichteinhaltung der Kündigungserklärungsfrist
Eineaußerordentliche Kündigungkann nur innerhalb einer Frist vonzwei Wochenab Kenntnis des Kündigungsgrundes erklärt werden, § 626 BGB. Wird diese Frist verpasst, ist eine außerordentliche Kündigung unwirksam.
Achtung:
Eine ordentliche Kündigung ist aus demselben Grund dennoch möglich, sofern sie nicht gesetzlich, vertraglich oder tarifvertraglich ausgeschlossen ist.
8. Sonderkündigungsschutz
Es gibt Arbeitnehmer, die einen besonderen Kündigungsschutzgenießen. Dies hat zur Folge, dass eineordentliche Kündigung nicht, oder nur mit Zustimmung bestimmter Behördenmöglichist. Dies gilt insbesondere fürAuszubildende, Schwerbehinderte, schwangere Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer während der Elternzeitoder während einerPflegezeit
oder betriebliche Organe wieBetriebsratsmitglieder.
Werden die besonderen Verfahren, die einer Kündigung vorgeschaltet sind, von dem Arbeitgeber nicht beachtet, ist eine Kündigung unwirksam.
Tipp:
Arbeitnehmer, die einen besonderen Kündigungsschutz genießen, dürfen selbst kündigen.